Man kommt ja kaum noch hinter dem Weltgeschehen hinterher und auch meine Fähigkeit, mich zu den Dingen zu verhalten, hat sich in den letzten Monaten auf das Schreiben von kompakten Facebook-Beiträgen verkürzt. Doch einige Dinge, viele eigentlich, bedürfen einer genaueren Betrachtung und Durchleuchtung. Also genau das, wofür dieser Blog gedacht war. Darum bin ich nun wieder da und versuche, die Zeit, die ich bei Twitter und Facebook verbringe, zu reduzieren und längere Sätze zu schreiben.
Zu Corona ist alles gesagt. Immer noch sprechen die Kritiker gegen Wände und werden von denen angepöbelt, die dieses Reden nicht hören wollen. Der Streit dauert an. Doch noch lautere Stimmen legen sich über das Pro und Contra der Impfpflicht. Das Internet schreit sich den Hals wund. Hier will man "Krieg", da will man "Frieden". Und wieder scheint es zwischen dem totalen Dies und dem totalen Das keine Kompromisse zu geben. Die Mitte, die schon beim Corona-Thema kaum sichtbar war, hat sich nun endgültig verabschiedet. Es gibt nur noch zwei Fronten, zwischen denen man sich zu entscheiden hat. Aber auch hier mache ich nicht mit, sondern widme mich einem Randthema, das uns hier so klammheimlich untergeschoben wird: Der Mensch als Verkaufsprodukt.
Schon einige Male wurde beklagt, dass wegen des Krieges in der Ukraine, die bestellten Babys der Human Reproduction Agencies noch immer nicht bei ihren Eltern sind. Da liegen sie nun, die Kleinen, gebadet, gewickelt, verpackt und werden nicht abgeholt. Wie die BILD-Zeitung schreibt, kostet ein Kind einer Leihmutter, die man gern Wunschmutter nennt, in der Ukraine 30.000 bis 70.000 Euro. Die Leihmutter selbst bekommt davon ca. 15.000 Euro. Ich möchte nicht über die Beweggründe einer Frau reden, die ihren Körper vermietet, um ein Kind zum Leben zu erwecken. Auch nicht über die Wünsche der "Eltern", sagen wir lieber Käufer, die dieses Angebot nutzen. Ich möchte gern weiter oben ansetzen, in der Meta-Ebene: Warum tolerieren wir Menschenhandel auf einmal. Mitten im Berichtsturm aus der Ukraine wird hier ohne ein Wort der Kritik über Kinder geschrieben, die für Geld gekauft werden. Um nichts anderes geht es hier.
Womit ist das vergleichbar? Mit Prostitution vielleicht, denn auch hier wird der Körper für die Zwecke eines anderen gegen Geld angeboten. Doch dieser Zweck hat ein Ende. Ein Freier kauft normalerweise nicht die ganze Frau, sondern nur ein bisschen von ihr für ein bisschen Zeit. So gesehen kann man das, was die Leihmutter tut - ihren Körper vermieten, der invasiv benutzt wird - mit Prostitution vergleichen, wenn man die sexuelle Note rausnimmt. Und wie bei der Prostitution kann man das auch unterschiedlich bewerten. Da wird es die geben, die die Vermietung des Körpers als freie Wahl der Frau bezeichnen und diejenigen, die darin eine Schändung der Frau sehen. Möge sich da jeder sein eigenes Urteil bilden und das der anderen tolerieren. Die Frage nach der moralischen Bewertung stellt sich jedoch nicht, wenn Frauen gezwungen werden, ihren Körper zur Verfügung zu stellen. Wo der Zwang beginnt ist eine weitere Frage, die ich hier einfach mal liegen lassen will.
Die Leihmutter entscheidet eigenverantwortlich über ihr Tun und muss mit den Konsequenzen leben. Wenn es dieses System gibt, ist es ihr das nicht vorzuwerfen. Auch den Käufern ist, wenn alles auf legalem Weg und ohne Zwang geschieht, nicht vorzuwerfen, dass sie die Möglichkeiten nutzen.
Doch es soll nicht ungesagt bleiben, dass es sich hier trotzdem - und zwar im ganz wörtlichen Sinne - um Menschenhandel dreht. Paare kaufen ein Kind. Sie bezahlen Geld. Jemand verdient Geld. Das ist die Basis des Handels. Das Objekt des Geschäfts ist ein Kind, ein Mensch, ein Baby. Ja, mag man nun sagen, das Kind ist ja Produkt aus Ei und Samenzelle der Eltern / Käufer. Ohne Leihmutter wäre jedoch aus diesem Ei und dieser Samenzelle nichts weiter geworden, als ein mikroskopisch-kleines Gebilde in einem Reagenzglas. Sehen wir es mal ganz praktisch: Das Kind hat ca. drei bis vier Kilo, wenn es geboren wird, ist also wesentlich mehr als das Anfangsgebilde. Der Körper einer Frau und ein in ihr lebender Embryo sind eine Einheit, die man postnatal trennen, aber nicht verleugnen kann. Leider geschieht das jedoch, wenn man so tut, als würde eine Leihmutter nur ihren Schrank aufmachen und jemandem ein Stück Butter geben.
Das Bundeskriminalamt definiert Menschenhandel übrigens wie folgt: "Unter "Menschenhandel" (§ 232 StGB) wird jede Form des Anwerbens, des Transports, des Beherbergens, etc. von Personen zum Zweck der Ausbeutung verstanden." Solange also keine Ausbeutung des Kindes stattfindet, handelt sich nicht um Menschenhandel, zumal es auch kein "Anwerben" des Kindes gegeben hat. Es wurde nicht in ein westliches Land zu wohlhabenden Paaren und aus seiner Heimat gelockt. Nein, es wurde nicht mal gefragt. Dieses Kind, das geboren wurde, um jemandem zuzukommen.
Eine letzte Frage: Was machen die jetzt in der Ukraine mit den Kindern, wenn der Krieg 13 Jahre dauert? Holen sich die Käufereltern einen pupertierenden Teenager nach Hause? Oder vergessen sie das Kind einfach, das ja auch eigentlich nur ein Ei und eine Samenzelle war?